Wirksamkeit medizinierter Öle aus Sicht der Ayurveda-medizin, der Schulmedizin bzw. der modernen Wissenschaft

In der heutigen Zeit, in der Fette und Öle aus unserem Leben verbannt werden und die Gestelle in den Lebensmittelgeschäften unter den Light-Produkten zusammenbrechen, mutet es schon fast unheimlich an, wenn man realisiert, welch hohen Stellenwert gerade Fette und Öle in der ayurvedischen Tradition haben. Es ist das Ziel dieser Arbeit, das Verständnis für die Verwendung von Ölen zu wecken und aufzuzeigen, warum diese auch heute noch wichtig sind.

Bei der Verwendung von medizinierten Ölen im Ayurveda geht es eigentlich um den Dialog zwischen Statik und Dynamik. Modern gesehen, ist es die Schwerkraft, analog der Erde in den ayurvedischen Schriften, welche die Formen schafft, indem sie Teilchen aneinander bindet. Daneben braucht es aber auch Flexibilität und Mobilität, welche feste Strukturen verändern können. Diese werden im Ayurveda durch das Element Wasser (Jala) symbolisiert, welchem die Eigenschaften fliessen, bewegen und verändern zugeschrieben werden. Snigdha (geschmeidig, ölig, fettig), die Haupteigenschaft von Öl wird ebenfalls dem Element Wasser zugeordnet, was besagt, dass Öl bewegende Eigenschaften besitzt.

Abgesehen von den Zyklen des Tages und des Jahres ist der Lebenszyklus von grosser Bedeutung, denn aus der Phase von Erde/Kapha gelangen wir Menschen zunehmend und natürlicherweise, ab der Mitte unseres Lebens, in die Phase des Vata. Trockenheit und Rauheit bewirken zunehmende Degeneration von Knochen und Gewebe, Faltenbildung und spröde Strukturen entstehen. Es ist deshalb in diesem Lebensabschnitt von grösster Bedeutung, sich die Eigenschaften von Öl, snigdha (nähren und befeuchten) zu Nutze zu machen. Stabilität, aber auch Elastizität von Haut und Schleimhäuten gewährleisten Gesundheit. Eine kranke, trockene Haut kann weder eine Schutz-, Sinnes-, noch Kontaktfunktion wahrnehmen.[1]

Schon Laotse sagte im Dao de King (Kapitel 76):

,, Der Mensch ist weich und schwach, wenn er geboren wird,
fest und stark,wenn er stirbt
Kräuter und Bäume sind weich und saftig, wenn sie entstehen,
dürr und hart, wenn sie sterben.
Denn das Feste und Starke gehört dem Tode,
das Weiche und Schwache gehört dem Leben.’’[2]

Weil unsere Zellwände aus Phospholipiden bestehen, können Öle und fettlösliche Substanzen tief in den Körper eindringen und dort ihre Wirkung entfalten. Es ist von Bedeutung, ob wir das Öl intern oder extern applizieren, ob lokal oder systemisch behandelt wird. Mitentscheidend sind auch die Eigenschaften der Trägersubstanz. Es besteht ein grosser Unterschied puttygen download , ob mit Sesamöl, Olivenöl, Kokosöl oder einem anderen Öl als Trägersubstanz gearbeitet wird.

Ein ayurvedisches Öl ist zudem nicht nur ein Gemisch aus Öl und Kräutern, sondern jedes Öl hat seine eigene Form der Zubereitung. Durch das Medizinieren, das Beifügen von pflanzlichen Wirkstoffen, kann eine noch stärkere und gezieltere Wirkung erreichen werden, als nur mit Fetten oder Ölen alleine.

Diese medizinierten Öle haben eine lange Tradition. Allein in Kerala gibt es über 300 Öle, welche nach klassischen Rezepturen hergestellt werden. Darüber hinaus besitzen ayurvedische Ärzte eigene Rezepte aus alter Familientradition, die je nach Region und Klima anders ausgerichtet sind.

Gerade das Medizinieren ist ein hochkomplexes Verfahren. So werden nach der Auswahl des Öles die Pflanzenanteile bestimmt. Ein Teil Pflanzenpaste, ein Teil Pulver, ein Teil Flüssigkeit. Der flüssige Anteil setzt sich aus Frischsäften und Kräuteraufgüssen zusammen z.T. auch aus Milch, Joghurt und Wasser. Der Pulveranteil enthält meist aromatische Substanzen und Harze, welche zuletzt dazugegeben werden, da sich aromatische Wirkstoffe sehr rasch verflüchtigen. Nach diesen Einzelschritten wird durch stundenlanges Kochen die Wassermenge auf ca. 1/8 reduziert. Sobald die Wassermenge im Gemisch praktisch vollständig verdampft ist, dicken die festen Bestandteile mehr und mehr zu einer Paste ein. Hier gibt es nun verschieden Stufen der Garung, welche grösste Aufmerksamkeit erfordern. Das Element agni, das Feuer, welches alles verdaut, hat hier eine grosse Bedeutung.
Agni ist verantwortlich für die Transformation und vermittelt zwischen Verbindung und Trennung. Da die Schleimhäute ein relativ starkes agni besitzen, ist die Zeit des Kochens der Öle für die innere Einnahme kürzer. Hingegen ist das agni der äusseren Haut niedriger, das Öl benötigt einen längeren Garprozess. Die Haare besitzen wenig agni, weshalb das Öl den maximalsten Grad der Garung benötigt.
Wenn das Öl jedoch zu stark gekocht wird, verbrennt es und wird als verdautes Öl bezeichnet, welches medizinisch wertlos ist, ja sogar als toxisch gilt. Ein grosses Augenmerk wurde auch auf das Material des Topfes gelegt, auch wurde für jedes medizinierte Öl eine andere Holzart zum Kochen verwendet.[3]

Auf Grund dieser schwierigen Zubereitung stellten die Ärzte früher meist nur kleine Mengen Öl für ihre Patienten her. Zum Beispiel werden für 768 ml Dhanvantara-Öl (Öl des Gottes des Ayurveda) zwei volle Tage gebraucht. 1872 g getrocknete Kräuter (43 verschiedene Komponenten), 8.6 Liter Milch und 40.321 Liter Wasser sind dafür notwendig. Der Kochvorgang dauert solange, bis 48.921 Liter Flüssigkeit verdampft sind.
Die genaue Rezeptur findet sich im Artikel von Dr. Sajan Kumar Somarajam (18.März 2011)

Zusammenfassend kann man sagen, dass medizinierte Öle nicht nur alleine ihrer nährenden und bewegenden Wirkung wegen heute nach wie vor von grosser Bedeutung sind. Betrachtet man nämlich die aufwendige Herstellung dieser Öle, dann wird eines ganz deutlich: Zuwendung und innere Liebe am Tun sind wichtige Aspekte im Heilungsprozess, die in unserer westlichen Gesellschaft leider je länger je mehr zu kurz kommen. Gerade diese Bündelung der Energien ist jedoch ein bedeutender Faktor für den Therapieerfolg und gibt den medizinierten Ölen eine Überlegenheit gegenüber westlichen Produkten.

Schriftenverzeichnis:

Gupta SN, Stapelfeldt E, Rosenberg K, :Ayurveda Manualtherapie und Ausleitungsverfahren. Stuttgard, Haug. 2006: 74-128

Gupta SN, Stapelfeldt E, : Praxis der Ayurveda- Medizin ( kaya-cikitsa ).Stuttgard, Haug. 2008:87-93

Jänicke Chr, Grünwald J, : Alternativ heilen.kompetenter Rat aus Wissenschaft und Praxis. Medizinierte Öle, GU, 2006:78-97

Lorenzen U, Noll A,Die Wandlungsphasen der traditionellen chin. Medizin, Band 1, Holz. Müller und Steinicke Verlag 2002: 180,181

Rhyner HH, Das neue Ayurveda Praxishandbuch. Königsfurth. 2011: 246-250

Somarajan SK, medizinierte ayurvedische Öle; Artikel März 2011, www.ayurvedaportal.de

Stemmer,AA, die Hexenküche; Ayurveda und Yoga, November 13, www.elemental-yoga.de

Steuernagel R, Ayurveda Journal, das faszinierende Organ ‚Haut’ aus der Sicht des Ayurveda.S September 2004

[1] Steuernagel, Ayurveda Journal
[2] Lorenzen, Wandlungsphase Holz
[3] Rhyner/ Somarajan